10.1. - Neuseelands Wille zum Neuanfang
Die letzte Nacht war fantastisch. Endlich war der Vollmond verdeckt und die Sterne waren zu sehen. Und nicht nur die bei uns bekannten Sternbildern, sondern die Bilder der Südhalbkugel. Ich erkenne den Gürtel des Orion, doch darum sind nicht nur die vier hellen Sterne zu erkennen, welche wir (zumindest in den Städten) kennen und sehen, sondern Dutzende kleinerer Sterne. Ich erkenne seit Jahren zum ersten Mal wieder die Milchstraße in ihrer ganzen Pracht.
Ich habe versucht die Sterne mit meinem Fotoapparat zu fangen, doch trotz aller Übung, die ich mittlerweile mit dem Gerät habe und trotz einer kurzen Google-lei findet sich kein gutes Bild. Das wäre wohl auch zu viel verlangt gewesen (man muss nicht nur die Kamera gut einstellen, im Normalfall sollte man auch in eine bestimmte Himmelsrichtung fotografieren um die Auswirkungen der Erdrotation gering zu halten.
Also bleibt mir vor allem die Erinnerung und das schöne Gefühl auch diesen Wunsch auf meiner Liste erfüllt zu bekommen.
Am Morgen ist ausschlafen angesagt und der Camper bewegt sich erst nach 10 Uhr wieder auf die Straße. Der kurzzeitige Plan nach Akaroa zu düsen und noch einen Segeltörn einzulegen ist noch beim Frühstück gestorben - zu heiß, zu spät.
Der Weg führt also zurück nach Christchurch und nach einem kurzen Stop bleibt der VW Crafter stehen und ein Bus bringt mich in die Innenstadt.
Diese habe ich nun drei Mal gesehen:
* 2008 in ihrer vollen Blüte
* 2013, zwei Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in der Innenstadt und jetzt
* 2015
Das Beben gehört zu den größten nationalen Katastrophen der Nation, auch wenn die Opferzahl mit 185 glücklicherweise deutlich niedriger als zu erwarten war. Der Wiederaufbau wurde seinerzeit auf 10 Milliarden NZ-$ geschätzt, hat aber bisher schon über 40 Milliarden verschlungen.
Noch immer sieht man, dass der Stadt ihr Zentrum entrissen wurde - am ehemals geschäftigsten Platz "Cathedral Square" klaffen Löcher in der Sillouette der Stadt.
Gleichzeitig sieht man auch, was in den letzten zwei Jahren geschafft wurde. Nur noch wenige Gebäude in baufälligem Zustand stehen hier. All diesen Gebäuden wurden mit Holzpanelen die zerborstenen Fenster geschlossen.
Gänzlich fehlt die so genannte "Red Zone", welche noch 2013 weite Teile der Innenstadt für die Öffentlichkeit absperrte, weil die Gefahr in diesem Bereich zu groß war. Hinzugekommen sind neue Gebäude, die Hoffnung machen und man sieht an vielen Ecken die Strukturelemente neuer Gebäude.
Die Stadt hat viel von ihrer touristischen Anziehungskraft verloren und das sieht man im Straßenbild. Es sind viel weniger Touristen unterwegs, weniger Leben auf den Straßen und Plätzen. Eine echte Oase der Schönheit und damit auch Fokuspunkt der Touristen ist jedoch der botanisch Garten mit seinen großzügigen Grünflächen mit riesigen schattenspendenen Bäumen, sowie liebevoll bepflanzten und gepflegten Beeten.
Als besonderes Highlight darf wohl der Rosengarten im Zentrum gelten: symmetrisch angelegt mit vielen einzelnen Beeten für unterschiedlichste Rosensorten. Leider sind viele jetzt zur Mitte Januar bereits angewelkt und werden wohl nicht mehr lang zu bewundern sein.
Die Stadt zeigt eindrucksvoll, wie optimistisch die Menschen Neuseelands sind - allesamt Einwanderer. Allesamt mit einer Natur konfrontiert, die immer wieder zeigt wer stärker ist und trotzdem immer freundlich, optimistisch und zu Abenteuern bereit...